Mein Körper und ich…

Zurzeit gebe ich mir die größte Mühe mein Studium zu beenden. Ich beschäftige mich mit einem Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Ich widme mich bei meinen Hausarbeiten der Thematik: Inwieweit beeinflusst eine chronisch körperliche Behinderung die Entwicklung des Selbstbewusstseins?

Bei meinen Recherchen lese ich immer wieder, dass unsere Körpererfahrungen in den ersten Lebensjahren den Grundstein für unser Selbstbewusstsein bilden. Einerseits meint man damit die „Pflege, Zärtlichkeiten, den Hautkontakt, die Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse und die Bewegungen/das `Bewegt-werden´ der Bezugspersonen. Andererseits spricht man von den eigenen Körpererfahrungen, in dem der Mensch seinen Körper selbst erforscht.

Beim Lesen muss ich immer wieder darüber nachdenken, wie das bei mir war. Wie hat sich mein Selbstbewusstsein entwickelt? Eine schwierige Frage und irgendwie für mich auch schwer zu beantworten.

Welche Körpererfahrungen habe ich gemacht?

Ich kann mich auf jeden Fall daran erinnern, dass ich zum Teil schöne, aber auch sehr viele weniger schöne Erfahrungen gemacht habe.

Meine Mutter hat sich stets liebevoll um mich gekümmert. Von ihr wurde ich verhätschelt und habe den höchsten Grad der Liebe, den ich von ihr bekommen konnte, erfahren.

Aber gerade die ersten Lebensjahre waren für mich zum Teil die Hölle. Ich bin bis zu meinem sechsten Lebensjahr in Kirgistan aufgewachsen. Die medizinischen Umstände waren dort unverantwortlich und einfach nur katastrophal. Man hat meinen Eltern Hoffnungen gemacht, dass ich irgendwann noch laufen lernen könnte und  hat ihnen eine Menge Geld aus der Tasche gezogen. Die Therapiemaßnahmen waren sehr schlimm für mich, obwohl ich noch so jung war, kann ich mich bis heute noch daran erinnern. Es gab nämlich „Ärzte“, die der Meinung waren, dass ich mit genug Bewegungsübungen meine Lauffähigkeit entwickeln könnte.

Der schlimmste Vorfall war, als ich auf den Bauch gelegt wurde und von mir verlangt wurde, dass ich Liegestützen machen sollte. Wer meine Behinderung kennt, sollte wissen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist. Ich, als kleines Mädchen habe dennoch versucht mich zu bemühen, weil ich Angst davor hatte, dass mein Therapeut mir ansonsten Schmerzen zufügt. Als meine Bemühungen nicht ausreichten, zog der Therapeut mich zur Strafe an den Haaren hoch und legte anschließend meine Arme über Kreuz auf den Hinterkopf und zog mich hoch, dabei brach er mir die Schulter. Bis heute habe ich noch Auswirkungen von dem Bruch. Nach jeder Sitzung wollte ich unter keinen Umständen von irgendjemanden angefasst werden, weil ich die größte Angst hatte, dass ich wieder unerträgliche Schmerzen erleiden müsste.

Als ich in Deutschland war, stürzten sich sämtliche Ärzte auf mich. Die Mediziner sprachen oft von medizinischer Vernachlässigung. „Wie konnte man es nur so weit kommen lassen?“, sagten die Ärzte häufig. Ich konnte zu dem Zeitpunkt nämlich noch nicht einmal sitzen. Ich hatte eine solch starke Skoliose, dass ich auf der rechten Bauchseite saß, wenn man mich hingesetzt hat. Mein Rücken oder meine Wirbelsäule war quasi der Buchstabe C, nur andersrum. Dementsprechend habe ich meine ersten Lebensjahre im Liegen verbracht. In Deutschland wurde ich dann bereits mit sieben Jahren operiert und bekam eine Wirbelsäulenversteifung. Rückblickend kann ich sagen, dass das die beste Entscheidung war, die für mich getroffen wurde. Ich erinnere mich noch, dass mein Arzt immer wieder betont hat, was für ein schönes Mädchen ich sei und dass er mir die bestmögliche Lebensqualität ermöglichen möchte. Ob das „hübsch sein“ ein Grund dafür war, mag ich zu bezweifeln, aber es war sicher nett gemeint von ihm.

Im übrigen waren auch meine Sehnen im Leistenbereich so sehr verkürzt, dass man meine Beine nicht wirklich auseinander bekommen hat, woraufhin die Ärzte meinen Eltern ans Herz gelegt haben, eine weitere OP zu erlauben, um dem entgegenwirken zu können. Meine Mutter war vollkommen aus dem Häuschen: „Das klingt sehr gut, dann ist nämlich die Pflege sehr viel einfacher…“, woraufhin der Arzt erwiderte: „Ich fürchte nicht nur das, irgendwann…“. Zu der Zeit war ich nicht mehr ein kleines Mädchen, sondern fast auf dem Weg eine junge Frau zu werden. Ich musste jedes Mal schmunzeln, wenn mein Orthopäde solche Sprüche gebracht hat und meine Mutter damit ein wenig irritierte. Sie hat es nämlich schon immer ausgeschlossen, dass ich irgendwann ein Sexualleben haben werde.

Wenn ich zurück denke, hat er mir oft vermittelt, dass aus mir eine attraktive junge Frau werden wird, aber irgendwie erinnere ich mich auch an ein immer dazugehöriges kleines „aber“. Er hat sich zum Beispiel dafür „entschuldigt“, weil nicht das gewünschte Ergebnis nach der OP erreicht wurde. „Ich hätte dich so gerne noch gerader bekommen.“, ist zum Beispiel ein Satz, der mich noch lange beschäftigt hat.

Ich bin schön, aber nicht gerade genug… war eine Message, die mich lang begleitet hat, wenn nicht sogar noch immer begleitet. Die Korrektur meiner Wirbelsäule ist ein immer wiederkehrendes Thema, weil mich Untersuchungen diesbezüglich bis an mein Lebensende begleiten werden. Vielleicht weil das ein so großes Thema, gerade am Anfang meines Lebens und somit auch innerhalb einer sehr prägsamen Zeit war, habe ich Hemmungen mich nackt zu zeigen…wobei sich das extrem verbessert hat.

.

Apropos nackt sein: als ich früher zur Toilette gegangen bin mit Bekannten oder Freunden von meinen Eltern, wurde mir oft gesagt: „Dein Zukünftiger – Katja – wird sehr glücklich über deinen Po sein!“. Einerseits war ich als Jugendliche sehr genervt von solchen Kommentaren, weil ich es zum Teil auch als übergriffig empfand. Andererseits hat es mir auch geschmeichelt, weil ich es wirklich häufig zu hören bekam. Heute fällt mir auf, dass es mein Lieblingskörperteil an mir ist. Vielleicht weil mein Po über die Jahre sehr viele Komplimente bekommen hat, aber natürlich in erster Linie, weil er mir selber sehr gut gefällt. Wenn man im Bereich der Pflege auf Assistenz angewiesen ist, ist man leider häufig den Kommentaren der Menschen ausgesetzt, die dir assistieren… so zu mindestens meine Erfahrungen. In der Familie bekam ich immer zu hören, dass ich eine Kopie meiner Tante sei. Meine Tante ist bekannt als eine wunderschöne Frau. „Du hast nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihre Figur. Das würde man deutlicher sehen, wenn deine Skoliose nicht wäre.“, sagte man mir. Und da war es wieder. Dieses: du bist schön, aber… Was sollte ich davon halten? Irgendwie habe ich mich über das Kompliment gefreut, aber es hat mich stark verunsichert und mir das Gefühl gegeben, dass irgendetwas an mir nicht ausreicht.

Ich muss sagen, dass ich selten aufgrund meiner Behinderung im Kindes- oder Jugendalter gehänselt wurde. Aber wenn dies der Fall war, dann hat es mich so richtig getroffen. „Bist du schwanger, oder warum hast du so einen dicken Bauch?“, wurde ich manchmal gefragt. Meine Mutter versuchte mich immer zu trösten, in dem sie erklärte, dass ich dafür nichts könnte und dass aufgrund der Skoliose sich meine Organe verschoben haben. Ich sollte mir aus den Kommentaren anderer nichts machen, aber zeitgleich sollte ich bei meiner Kleidung immer darauf achten, dass dieses „Manko“ kaschiert wird. Wahrscheinlich eher aus Schutz, um solche Situationen für mich zu vermeiden. Aber wenn man dem Kind mitgibt, eine bestimmte Körperstelle zu kaschieren, um eventuell nicht gehänselt zu werden, hilft es einem nicht dabei dazu zu stehen. Vielmehr verleiht es einem das Gefühl, dass da etwas ist, was mit dir nicht stimmt. So habe ich es jedenfalls empfunden… Als Teenie habe ich häufig davon geträumt oder mir gewünscht mich so oft, wie es nur geht unter das Messer zu legen, nur um so auszusehen, wie alle anderen Mädels in meinem Alter… Von dieser Fantasie habe ich mich längst gelöst. Wobei wenn ein heißer Typ neben mir auf dem Sofa im Wohnzimmer liegt, denke ich schon daran mich ganz schnell einer klitzekleinen OP zu unterziehen, um wenigstens ein bisschen mit seinem durchtrainierten Körper mithalten zu können. Nein, ich meine, viele Frauen haben doch in dieser Hinsicht Komplexe. Ich glaube es ist wichtig als Frau mit einer Behinderung sich von dem Gedanken zu lösen, dass die Behinderung den Körper unattraktiv macht. Jeder hat etwas an sich auszusetzen und manchmal steigern wir uns zu sehr in diese „Makel“ hinein und sehen wohl nur noch schwarz, so ist es jedenfalls bei mir.

Meine Körpererfahrungen bezüglich der Selbstbefriedigung waren sehr einfältig. Dennoch habe ich meinen Körper sehr früh auf diese Weise kennengelernt… Ich habe schnell herausgefunden, was ich tun muss, um einen Orgasmus zu bekommen. Allerdings blieben Berührungen von mir selbst komplett auf der Strecke, weil ich noch nie die Möglichkeit hatte mich am ganzen Körper selbst zu berühren. Das wirkte sich natürlich auf meine ersten sexuellen Erfahrungen aus. Fragen über Fragen beschäftigten mich, aber auch Sorgen begleiteten mich ein wenig. Wie wird es sich anfühlen, wenn ein Mann in mich eindringt? Schließlich konnte ich mich nie unten herum ertasten oder meine Finger in mich einführen. Hätte ich diese Möglichkeit gehabt, wäre ich vielleicht selbstsicherer bei meinen ersten sexuellen Erfahrungen gewesen…

Von Natur aus war ich ein faules Kind, daher hat mir das Toben nicht wirklich gefehlt. Wenn man mich in den Sandkasten setzen wollte, wollte ich lieber eine kleine Schüssel mit Sand auf meinem Fußbrett gestellt bekommen, um meine Füße in den Sand stecken zu können. Damit war ich schon überaus glücklich. Was mir allerdings aufgefallen war, dass die Kontakte meiner Eltern ein wenig gelitten haben, weil die wenigsten Freunde/Bekannte eine barrierefreie Wohnung hatten. In der Familie war das alles gar kein Problem. Es war selbstverständlich, dass ich hoch getragen werden musste. Menschen allerdings, die vorher keine Berührungen mit Menschen mit Behinderung hatten, waren eher gehemmt meine Eltern einzuladen, weil sie vielleicht glaubten, dass das ihnen Umstände bereiten würde. Ich würde nicht sagen, dass ich deshalb unter großen Schuldgefühlen litt, aber irgendwo tat es mir schon manchmal leid, dass meine Eltern weniger eingeladen wurden, weil ich eben im Rollstuhl sitze… Je älter ich wurde, desto eher waren meine Eltern unterwegs, weil ich zu Hause alleine bleiben konnte, dementsprechend erübrigte sich das Thema irgendwann.

Leider hatte ich das Los gezogen einen Familienangehörigen eine lange Zeit an meiner Seite zu haben, der absolut nicht mit meiner Behinderung zurecht kam. Ich würde dieser Person große Überforderung zuschreiben, die hin und wieder in körperlicher Gewalt ausartete, bei der ich natürlich den Kürzeren gezogen habe…der einzige Grund für diese „Aussetzer“ war mein „zu häufiges“ Rufen nachts, weil ich meine Liegeposition geändert haben wollte. Ganz schön traurig… ich weiß nicht, wie ich es euch erklären soll, aber gerade die Verbindung zwischen diesem Menschen und mir, bei der ich viel Demut und Schmerz erfahren musste, hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin… So zerbrechlich und sensibel, wie ich hin und wieder sein kann, diese Lebenserfahrung hat mich stärker und selbstbewusster werden lassen. Manchmal wünschte ich mir, dass ich auf eine andere Weise gelernt hätte eine starke Persönlichkeit zu werden… Aber es ist, wie es ist und vielleicht mag es verrückt klingen, aber ich bin dankbar dafür, weil ich heute sagen kann, dass mich eigentlich nichts so leicht aus der Fassung bringt. Ich habe in dieser Beziehung gelernt, was ich mir selbst wert bin und wie ich behandelt werden möchte… Gewalt, Demut, Wertungen bezüglich meines Köpers und Schuldzuweisungen waren damals die ständigen Begleiter meiner Kinder- und Jugendzeit. Deshalb kann ich mein heutiges Leben in Freiheit in Köln umso mehr schätzen und genießen- sogar mit ausschließlich figurbetonter Kleidung 😉

Ich könnte noch so viel dazu erzählen, aber das würde hier den Rahmen sprengen.. Vielleicht gibt es ja irgendwann ein Buch von mir 😉

Ich verabschiede mich von euch bis zu meinem nächsten Artikel

Katja <3

Sex oder kein Sex

 

                                        12017553_881957498539706_5763236426346805004_o

 

Ich liebe meinen Verlobten… Meinen Mann… Und so sehr liebe ich den Sex mit ihm. Eigentlich ganz einfach, oder? Zwei Menschen haben sich gefunden – sind beide davon überzeugt, dass sie die Liebe ihres Lebens an ihrer Seite haben – zwei, die nach zwei Jahren Beziehung mit Höhen und Tiefen immer noch verliebt sind wie am ersten Tag… Und doch ist alles so kompliziert! Sogar jetzt beim Schreiben füllen sich meine Augen mit Tränen, weil mich der Schmerz durchbohrt.
Ihr fragt euch jetzt sicher, worum es geht oder was passiert ist.
Alles begann mit unseren ersten Drehtagen mit einem Fernsehsender. Es sollte um uns als Paar und um unser Sexualleben gehen. Teil dieser kleinen Doku sollten auch unsere Sexualassistenten sein. Sie wollten allerdings nicht in der Doku mitwirken, weil sie nicht wollten, dass ihre Nachbarn und der Chef unseres Sexualassistenten von der Nebentätigkeit erfahren. Alles soweit natürlich verständlich und wir haben dies auch akzeptiert. Doch dann haben sie sehr bestimmend darauf gepocht, dass wir auf keinen Fall darüber sprechen sollen, wie teuer die Sexualassistenz ist. Das ging mir eindeutig zu weit!
Nicht mitwirken zu wollen, ist völlig in Ordnung, aber mir vorzuschreiben, meine Ausgaben und – ich betone – MEINE Ausgaben nicht offen zu legen, ist ein No-Go! Zumal ich nie den Namen unserer Sexualassistenten Preis gegeben habe, geschweige denn den Wohnort. Somit kann keiner nachvollziehen, mit wem wir zusammen gearbeitet haben.
Unsere Sexualassistentin hat mich noch einmal angerufen, um mir zu sagen, dass die Preisangaben, die ich in meinem letzten Blogeintrag gemacht habe, auf jeden Fall geändert werden sollen, indem ich bekannt geben soll, dass wir nur 120 Euro die Stunde zahlen. Dies entspricht einfach nicht der Wahrheit, denn dann würden wir nicht genau 360 Euro für zwei Stunden zahlen, sondern 240 Euro.
Ich habe mich so sehr überrumpelt gefühlt nach dem Telefonat und wütend zugleich! Tim und ich haben uns lange über die Reaktion unserer Sexualassistenten unterhalten und uns überkam solch ein unbehagliches Gefühl. Irgendwie haben wir uns verarscht gefühlt.. Haben sie uns etwa über den Tisch gezogen? Haben sie die 120 Euro die Stunde dem Finanzamt gemeldet und den Rest selbst einkassiert? Wir haben einfach nicht verstanden, warum wir nicht über den Preis reden dürfen, wenn an dem Preis doch alles in Ordnung ist.
Für Tim war klar, dass die Zusammenarbeit dadurch beendet ist. Ich war hin und her gerissen, aber eine solche radikale Entscheidung wollte ich nicht direkt treffen, obwohl ich wusste, dass er Recht hat. Ganz wohl war mir auch nicht bei dem Gedanken, weiterhin mit den beiden zusammen zu arbeiten.
Ich sage es euch: einmal im Monat Sex zu haben, ist verdammt hart (wir haben natürlich oft Oralsex). Aber nicht zu wissen, wann man das nächste mal Sex haben wird, ist in meinen Augen einfach nur menschenunwürdig… Ich fragte mich, warum ich mich nicht wie Tim so entschlossen dagegen entscheiden konnte. Mir war eigentlich klar, dass ich unsere Sexassistenten nicht mehr beim Sex dabei haben möchte.
Während ich über die ganze Sache nachdachte, schwirrten mir ihre Worte aus unserem letzten Telefonat in meinem Kopf herum: „Wir haben uns deinen Blog angeschaut. Er ist zwar ganz nett aufgebaut, aaaber wann habt ihr denn an uns bitteschön 500€ gezahlt? Wir sind euch doch extra mit dem Preis entgegen gekommen!? Ich muss schon sagen, dass wir ein wenig enttäuscht waren als wir das gelesen haben. Ich bitte dich deshalb das alles zu überdenken und deine Preisangabe zu ändern und zu schreiben, dass ihr nur 120€ die Stunde zahlt!“, das sagte sie mir in einem sehr bestimmenden Ton.
Ich war wirklich empört nach dem Gespräch. Ich erinnerte sie daran, dass sie durchaus 460€ von uns verlangt haben. Erst nach dem wir gesagt haben, dass uns das zu teuer ist, sind sie auf 360€ runter gegangen. Aber auch nur wenn wir dann zu denen fahren. Glücklicherweise habe ich alle E-Mails behalten, die wir uns in unserer Zusammenarbeit zugeschickt haben und in denen man nachlesen kann, dass die Preise unheimlich schwankten. Ganz am Anfang haben wir jeden Monat einen anderen Preis gezahlt. Von ca. 300€ bis 460€ war alles dabei, mit den kuriosesten Begründungen dafür…mal haben sie sich verrechnet, dann haben sie sich einen „Erlebnisbericht“ von uns gewünscht und es deshalb günstiger angeboten… Nach drei/vier Monaten war uns das zu bunt und wir haben gesagt, dass wir die schwankenden Preise ziemlich undurchsichtig finden und uns daher einen konstanten Preis wünschen. Zumal war es irgendwann anstrengend noch eine Art „Aufsatz“ über unser Sexleben zu schreiben. Schließlich haben wir immer eine Menge Geld bezahlt, da ist eine weitere Gegenleistung für die Sexassistenz überflüssig. In den Mails sprachen sie immer von einem Obolus von 360€, 410€, 460€ usw. Ein Obolus…
Wir hätten es längst beenden müssen. Warum haben wir es mitgemacht?
Weil wir leider nicht die Qual der Wahl haben bezüglich der Sexassistenz. Es gibt ziemlich wenige Sexassistenten in Deutschland, was zur Folge hat, dass sie ihre Preise willkürlich bestimmen können. Dadurch, dass so wenige diese Dienstleistung anbieten, verleiht dies den vorhandenen Sexassistenten eine enorme Macht. Als Klient ist man vollkommen machtlos und ausgeliefert, wenn man solchen Preisen ausgesetzt wird. Man denkt sich: Entweder ich zahle diese Summe oder ich habe keinen Sex mit meinem Partner.
Und an alle, die jetzt denken: „Es ist doch nur Sex! Die Hauptsache ist, dass ihr euch habt.“ Das habe ich in den letzten Tagen so oft gehört. Es ist wahrscheinlich gut gemeint, aber es tut so schrecklich weh sowas zu hören! Denn durch die ganze Aktion haben mein Partner und ich ein ganz großes Stück Lebensqualität verloren… Sex ist für mich nicht einfach nur ein Weg meine Triebe zu befriedigen, wobei das natürlich ein wichtiger Aspekt ist. Beim Sex kann ich meine Liebe, meine Leidenschaft zu meinem Partner zum Ausdruck bringen; es ist eine weitere Möglichkeit mich komplett fallen zu lasse. Seit dem Sex mit Tim fühle ich mich um einiges attraktiver, begehrenswerter, weiblicher…Sex hat einen positiven Einfluss auf das eigene Selbstwertgefühl. Beim Sex fühle ich mich Tim einfach so nah, ich liebe das Gefühl, wenn er in mir drin ist…denn dann sind wir irgendwie eins. Ich könnte noch so viele weitere Punkte aufzählen, die für Sex sprechen und das werde ich auch, nur in einem anderen Blogeintrag.
Sex gehört für mich zu einer Beziehung und ich will auf gar keinen Fall darauf verzichten! Während unserer Zusammenarbeit haben wir uns bereits nach anderen Sexassistenten umgeschaut, leider ohne Erfolg. Wir sind zu einer Sexassistentin zum Vorstellen gefahren. Diese hat uns in ihrer Fußpflegepraxis empfangen. Als wir reinkamen rochen es sehr stark nach Desinfektionsmittel, was ja für sie spricht, aber es trägt keiner erotischen Stimmung bei. Sie bat uns in das Zimmer, in dem Tim und ich in Zukunft miteinander schlafen sollten. Ich schaute mich um und musste feststellen, dass dieses Zimmer exakt wie ein Behandlungszimmer beim Zahnarzt ausgestattet war, mit dem gleichen Stuhl etc. Hätten wir einen Fetisch für Desinfektionsmittel usw., wäre das Zimmer bombe zum poppen. Als wir dann nachfragten, wie viel uns der Spaß kosten würde, bekamen wir den Schock unseres Lebens! Sie wollte für zwei Stunden bei Tim Zuhause ca. 510€ und 410€ bei sich in der Praxis. Wohlgemerkt konnte sie uns dort nur eine Luftmatratze anbieten. Für das Gespräch allein, ohne jegliche Dienstleistung, wollte sie 90€ von uns haben. Nach 15/20min. war uns klar, dass das nichts wird und wir wollten uns von ihr verabschieden, woraufhin sie ausdrücklich auf ihre 90€ bestand, weil die Stunde schließlich angefangen habe.
Ich würde sagen, wir denken uns unseren Teil dazu…
Fakt ist: Ich möchte mich nie wieder ausgenutzt fühlen und mich erpressbar machen und schon gar nicht im Zusammenhang mit meinem Sexleben.

Nun ist es so, dass wir seitdem jedes Wochenende eng umschlungen im Bett liegen, ich seinen erregten Penis an meinem Oberschenkel spüre…es mich natürlich enorm erregt… unsere Augen füllen sich in solchen Momenten häufig mit Tränen…Früher war der nächste Termin bei unseren Sexassistenten ein tröstender Gedanke in solchen Momenten, jedoch jetzt plagt uns die Ungewissheit…
Dieses Problem wäre zu lösen, mit einer Assistenz, die vielleicht etwas mehr Ehrlichkeit besitzt… Ich möchte hier nicht alle ausgebildeten Sexassistenten über einen Kamm scheren, aber es ist sehr fraglich, dass die meisten von denen unbezahlbare Preise verlangen. Diese Preise stehen in keinem Verhältnis zu dem, was Prostituierte oder andere Sexarbeiter mit viel intimerem Körpereinsatz für ihre Leistungen verlangen. Ich hoffe nur sehr, dass es da draußen Sexassistenten gibt, in denen – ich würde mal sagen – die Geldgier nicht stark ausgeprägt ist und die dann auch aufgrund des seltenen Angebots ihre Macht nicht ausspielen. Denn das ist das, was ich aufgrund meiner Erfahrung mit ausgebildeten Sexassistenten mit ihnen verbinde.
PS: Alles, was ich euch hier erzählt habe, schrieb ich in einer Mail an unsere Sexassistenten nieder. Bislang kam noch keine Antwort…

Eure Katja <3