Sag mal, geht bei euch überhaupt etwas im Bett? Geht das denn überhaupt?

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Diese Art von Fragen bekomme ich fast täglich zu hören. Ihr auch? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen!

Nun, ich erlöse euch von den „Qualen“ und beantworte diese Fragen.

Ich würde sogar sagen, dass bei uns so einiges im Bett abgeht. Manchmal stelle ich fest, dass unser Sexleben um einiges aufregender und fantasiereicher ist, als das von anderen Paaren. Wenn mir manche Menschen von ihrem Sexleben erzählen, dann überkommt mich manchmal das Gefühl von „Mitleid“ und das stimmt mich hin und wieder traurig. 😀

Aber ich verschone euch jetzt mit näheren Details bezüglich unserer Vorlieben!

Nein, jetzt mal im Ernst. Früher habe ich mich total darüber aufgeregt, wenn man mir diese Frage gestellt hat. Aber im Nachhinein habe ich mich selbst dabei ertappt, dass ich mich auch bei manchen Menschen mit Behinderung gefragt habe, wie sie ihre Sexualität ausleben können. Mittlerweile finde ich es auch in Ordnung, wenn man solche Fragen stellt. Nur sollte man niemals und ich betone hiermit auch noch mal NIEMALS einem Menschen die Sexualität absprechen und eben zu denken, dass der- oder diejenige kein Sexualleben hat, weil er oder sie mit einer Behinderung lebt.

In diesem Zusammenhang fällt mir auch eine Situation aus meiner Jugend ein. Es war ungefähr in der zehnten Klasse. Es gab da diesen… ich nenne ihn mal Marc. Marc und ich waren auf irgendeine Weise total ineinander verknallt, zueinander gefunden haben wir jedoch nicht. Es war diese gewisse Spannung zwischen uns, dieses Kribbeln und die Schmetterlinge im Bauch.. Wir hatten so viele schöne Momente, in denen wir uns nahe waren. Gleichzeitig aber hörten diese Momente auch plötzlich auf und wir distanzierten uns von der einen Sekunde auf die andere voneinander. Dies wechselte immer wieder… Ich habe mich immer gefragt, warum wir nicht wirklich zueinander finden konnten. Gut, zu seiner Verteidigung muss ich hier auch sagen, dass ich es ihm nicht einfach gemacht habe. Ich komme aus einer streng religiösen Familie und hatte auch selbst die Überzeugung, dass ich mit niemandem zusammen sein möchte, der nicht meinen Glauben teilt… Zudem gehörte auch noch sowas ´wie kein Sex vor der Ehe´dazu… Aber bei Marc gab’s auch etwas, das ihn hinderte, ich wusste nur nicht was es war. Nach unserem Abschluss trennten sich auch unsere Wege; wir haben zwar noch ab und zu miteinander geschrieben, aber uns nie wieder gesehen. Ich habe so oft mit meiner Freundin darüber gesprochen, dass ich es einfach nicht verstand, was das zwischen uns war und warum es so zu Ende gegangen ist.

Irgendwann erzählte sie mir, dass Marc mit ihr über mich gesprochen hat. Er hat ihr wohl seine ganzen Zweifel, die er hatte, geäußert. Er stellte sich eine Beziehung mit einer Frau, die im Rollstuhl sitzt, kompliziert vor und überhaupt ging er davon aus, dass ich keinen Sex haben könnte. Er sagte meiner Freundin, dass ihm der Sex in der Beziehung sehr wichtig sei und er darauf auf gar keinen Fall verzichten möchte.

Als ich das hörte, war ich einfach wütend und zutiefst enttäuscht, weil er nie mit mir darüber gesprochen und das für sich entschieden hat. Das traf mich sehr und hat mich auch lange beschäftigt. Nun könnte man an dieser Stelle sagen, dass er jung und dumm war oder es auf die jugendliche Leichtsinnigkeit schieben. Vielleicht war es das auch…

Aber irgendwie erstreckt sich diese angebliche „Dummheit“ oder die jugendliche Leichtsinnigkeit über jegliches Alter unserer lieben Männer (betrifft sicherlich auch die Frauen;)). Wenn sie etwas älter sind, haben sie Marc nur eins voraus: Sie sprechen mich auf das Thema an und manche fragen mich ganz direkt, ob ich Sex haben kann.

Wenn man fragt, ob jemand Sex haben kann, dann denke ich mir, dass man das auf irgendeine Art und Weise ausschließt, ansonsten würde man diese Frage nicht stellen. Man würde mir eventuell, wenn man das in Betracht zieht, dass ich Sex haben kann, die Frage stellen, inwieweit der Sex vielleicht anders ist oder Ähnliches…

Diese ganzen Fragen bezüglich meines Sexuallebens haben so weit geführt, dass ich irgendwann selbst die Frage an mich gestellt habe, ob ich Sex haben kann und auch anfing daran zu zweifeln. Und überhaupt fragte ich mich, ob ich als vollwertige Sexualpartnerin in der Männerwelt betrachtet werde…

Nun habe ich einen Partner und ein Sexualleben 🙂 Es hat zwar ein wenig gedauert bis es bei uns zum ersten Mal kam, aber wir haben auf jeden Fall einen Weg gefunden.

Wir haben dafür eine sogenannte Sexualassistenz gesucht und gefunden. Sie ist unter anderem auch eine Tantramasseurin und besitzt ihre eigene Praxis. Am Anfang hat sie uns bei meinem Verlobten zu Hause besucht, irgendwann haben wir doch gemerkt, dass es für eine Person zu anstrengend ist uns beim Sex zu assistieren. Dementsprechend entschlossen wir uns, eine zweite Person hinzuzuziehen. Unsere Sexualassistentin hat uns vorgeschlagen ihren Partner zu fragen, der ebenfalls Tantramassagen anbietet. Seitdem sind wir ein „Vierer-Team“, ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll 😀

Da wir für zwei Stunden Sex, für unsere Verhältnisse eine Menge Geld zahlen müssen, ca. 500 €, haben wir uns entschieden zu dem Pärchen nach Hause zu fahren (oder besser gesagt in ihre „Praxis“), weil es dann ca. 100 € günstiger für uns ist. Ich habe es bereits in einem Blogeintrag geschildert, dass wir eine Stunde Fahrt auf uns nehmen, um die Sexualassistenz in Anspruch nehmen zu können. (http://einfach-katja.de/?p=79)

Wenn wir dort angekommen sind, besprechen wir kurz, wo und wie unsere Assistenten ihre Zeit währenddessen verbringen.

Wir lassen uns dann noch kurz von unseren Assistenten auf das Bett legen. Wenn wir schnell zur Sache kommen möchten, dann lassen wir uns noch eben von unseren Assistenten ausziehen und dann widmen sie sich ihren eigenen Beschäftigungen.

Wenn ich meinen Freunden oder Bekannten die Sexualassistenz erkläre, sage ich immer, dass die Sexualassistenz die Kraft in unseren Händen ist.Wir sind beide nicht in der Lage unsere Hände und unseren Körper zu bewegen (die Hände minimal). In diesen zwei Stunden, die wir uns einmal im Monat leisten können, ist es uns möglich uns überall in erotischer Hinsicht anzufassen, weil unsere Sexualassistenten unserer Hände nehmen und diese dort hinführen, wo wir es uns in dem Moment wünschen. Wenn sich mein Partner zum Beispiel einen Handjob von mir wünscht, lege ich meine Hand um seinen Penis und die Sexualassistentin legt ihre Hand um meine, um für mich die Bewegungen und den Druck von außen auf meiner Hand auszuüben (ist mir auch alleine möglich, allerdings ist es sehr kräftezehrend für mich!). Die beiden bringen uns in jegliche Stellungen, die wir uns wünschen oder ausgedacht haben, führen seinen Penis in mich hinein und übernehmen die rythmischen Bewegungen nach unseren Anweisungen und Vorstellungen usw. Bei den verschiedenen Stellungen ist uns der Lifter häufig behilflich, den ich bereits in einem meiner Einträge erwähnt habe. Wenn ich oben sein möchte, dann hänge ich mich in den Lifter und wenn mein Schatz über mir sein möchte, dann hängt er sich hinein.(http://einfach-katja.de/?p=38) Mit viel Kreativität und Fantasie ist eigentlich so ziemlich jede Stellung möglich, manchmal sieht es vielleicht so aus wie Kamasutra 😀 Wenn die zwei Stunden dann rum sind, kommen unsere Assistenten wieder, ziehen uns an und fahren mit uns nach Hause.

Ich hoffe, ihr könnt euch jetzt ungefähr vorstellen, was eine Sexualassistenz bei uns so macht 😉

Ob es komisch ist zwei weitere Menschen beim Sex dabei zu haben?

Am Anfang auf jeden Fall! Und es gibt immer noch Momente, in denen ich mir zum Beispiel denke, wenn die beiden Sexualassistenten jetzt nicht da wären, dann würde ich dies und das zu meinem Tim sagen. Wobei die beiden absolut gar nichts dagegen einzuwenden hätten, im Gegenteil sie befürworten Dirty-Talk nur. Aber irgendwie komme ich mir dann albern vor, wenn wir nicht alleine sind…. 🙂 Das lerne ich sicherlich auch noch! Ansonsten kann ich mich mittlerweile ganz gut fallen lassen und alles andere um mich herum ausblenden.

Unser Sexualassistenten sind mittlerweile auch ein wichtiger Bestandteil unserer Beziehung, durch sie konnten/können wir uns näher kommen und unser Sexualleben entfalten und ausleben. Das Beste an den beiden ist, dass sie wirklich offen für alles sind und ich das Gefühl habe, dass ich jeden Wunsch und jede Art von Vorlieben äußern kann, ohne dass es mir peinlich sein braucht, denn nur dann kann man sich wirklich fallen lassen und jemanden in solch einen intimen Moment herein lassen!

Eure

Katja <3

Noch Lust auf Sex?

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An Tagen wie diesen, wache ich in einer Kuschelposition mit Tim auf. Wir küssen uns, um richtig wach zu werden und streicheln uns, soweit es uns ohne Assistenz möglich ist.
In diesem Moment würde ich eigentlich am liebsten unter die Bettdecke huschen. Meinem Schatz einen intensiven Blowjob geben. Es würde auch gar nicht lange dauern bis er mich auf den Rücken schmeißen und mir Spaß bereiten würde. Anschließend hätten wir kuscheligen, romantischen Sex, der dann in wilden Sex ausahten würde, mit festem Zupacken an den Haaren, mit ein paar Klapsen auf dem Po u.s.w…ihr wisst ja, wie das ist 😉
Die Betonung liegt hier aber auf „hätte“, „würde“, heißt nicht, dass das alles nicht möglich ist, nur bis dahin dauert es eben.
Aber jetzt heißt es wohl aufstehen: ich muss mich von ihm losreißen, das kuschelige Bett verlassen und vor allem alleine in die Dusche (zusammen duschen, geht leider nicht). Meine Assistentin holte mich aus dem Bett. Ich sah ihr an, dass sie keine erholsame Nacht hatte. Es tat mir auch irgendwie leid. Wahrscheinlich habe ich sie nachts oft gerufen oder sie wurde noch zusätzlich von der Klingel meines Liebsten wach (unsere jeweiligen Assistenten schlafen in einem Zimmer und wenn einer von uns klingelt, werden beide Assistenten wach).
Sie wirkte müde, ein wenig gestresst und angespannt. „Auch das noch“, dachte ich mir. Ich wollte ihre Laune heben, aber auf der anderen Seite wollte ich das doch nicht. Denn mir ging es in diesem Moment auch beschissen: ich wollte Sex und auf Assistenz hatte ich ehrlich gesagt auch keinen Bock! Aber das ließ sich eben nicht ändern.
Wir merkten beide, dass wir „keine Lust aufeinander hatten“, also haben wir begonnen Smalltalk zu führen, um die Situation aufzulockern. Aber auch das gelang nicht so richtig. Das große Schweigen trat ein. Ich versuchte es auszublenden und nur noch daran zu denken, wie der Sex heute sein wird… klingt egoistisch?
Ich finde nicht. Solche Situationen kommen häufig vor. Das ist nun mal so. Man arbeitet sehr eng zusammen und jeder kommt an seine Grenzen. Beschissen ist es nur, wenn man sich in solchen Momenten nicht aus dem Weg gehen kann und ich in dem Fall auf Hilfe angewiesen bin.

Zu dem kam hinzu, dass das Bad meines Verlobten sehr chaotisch und nicht besonders groß ist. Das erhöhte den Stressfaktor der Assistentin in diesem Moment, weil sie nicht genügend Platz hatte, um das Duschgel, Schampoo u.s.w. abzustellen…Ich sagte ihr, dass sie sich nicht stressen soll, schließlich bin ich eine Stunde früher aufgestanden. Aber auch das brachte nichts und so langsam merkte ich, dass ich bald platzte, weil ich jetzt auch genervt bin, denn ich konnte nichts dafür, dass ich oft gerufen habe. Wir beide ließen zwischendurch zickige Kommentare los.
Ich war dann froh, dass ich irgendwann fertig gemacht in meinem Rollstuhl saß.
Ich habe es nicht geschafft zu frühstücken und wir hatten schon 13:45 Uhr. Zeit zum Fahren, denn um 15 Uhr erwartetenuns unsere Sexualassistenten bei sich Zuhause. Wenn ich hungrig bin, werde ich zur Diva, also stopfte ich mir noch schnell eine Scheibe Toastbrot in mich (natürlich mit Hilfe meiner Assistentin).
Wir zwei düßten anschließend schnell zu Tims Auto und nach dem Anschnallen unserer Rollstühle, hatten meine Assistentin und ich endlich Zeit zum durchatmen und ein wenig Abstand voneinander zu nehmen. Ich hatte um ehrlich zu sein auch keine Lust mehr auf Sex, weil mir das alles zu anstrengend war… Mein Schatzi neben mir war total irritiert von meiner schlechten Laune, weil ich vorhin im Bett noch gut gelaunt mit ihm rumgealbert habe. Aber da er meine ab und zu vorkommende launische Art kennt, ließ er mich erst mal in Ruhe.
Es vergingen keine paar Minuten und ich wurde schon wieder redselig. Langsam bekam ich auch mit, dass meine Assistentin sich beruhigt hatte und wieder ein wenig auftaute. Somit war die Situation nach kurzer Zeit aufgelockert und die schlechten Launen verzogen sich ganz schnell.
Als wir dann bei unseren Sexualassistenten angekommen sind, hatten meine Assistentin und ich noch zusätzlich zwei Stunden Abstand voneinander und jeder von uns konnte sich auf eigene Art und Weise ablenken. Ich hatte wundervollen Sex und meine Assistentin bekam bei unseren Sexualassistenten ein eigenes Zimmer und konnte somit zwei Stündchen schlafen.
Danach waren alle ausgelastet und wieder entspannt im Umgang miteinander 😀

Als meine Assistentin das nächste Mal Dienst hatte, haben wir noch mal über die angespannte Situation vom letzten Dienst gesprochen und mussten eigentlich dabei hauptsächlich darüber lachen. Ich habe sie mega lieb, genauso wie sie mich auch! Aber wenn man sich lange und häufig sieht, dann kommt es eben zu solchen Momenten. Das ist absolut normal und vor allem menschlich. Wichtig ist nur, dass man über alles spricht!!

Was ich euch mit diesem Blogeintrag sagen will?
Inklusion bedeutet eben auch voneinander abgefuckt zu sein und miteinander genervt zu sein, miteinander zu lachen, miteinander zu zicken…Ach, eigentlich ist es auch egal was, Hauptsache MITEINANDER und vielleicht bedeutet es sogar manchmal an die eigene Grenze zu gehen (sowohl für Menschen mit als auch ohne Behinderung)……

Liebe Grüße aus Köln,
eure Katja